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Wetten zu Festkursen

Festkurse – auf Englisch sog. „fixed odds“ – sind Gewinnquoten für Wetten, die von Wettanbietern (Buchmachern) im Vorfeld für die Resultate von Pferderennen und sportlichen oder sonstigen Ereignissen festgelegt werden (siehe hierzu auch “Oddset-Wetten“) – in der Regel aber, ohne dass besagte Wettanbieter selbst für die betreffenden Rennen oder Ereignisse verantwortlich sind bzw. sie veranstalten.

Hierbei kann man die jeweils festgesetzten Quoten zunächst als Erwartungswerte für den Eintritt des jeweiligen Ergebnisses nach Meinung des Wettanbieters betrachten:
Eine höhere Quote bedeutet auch eine geringere Erwartung auf Seiten des Wettanbieters für das entsprechende Ergebnis und eine niedrigere Quote beschreibt eine höhere Erwartungshaltung des Wettanbieters für den Eintritt des jeweiligen Resultates.
Die erste Festkursfindung – das Festsetzen der sog. „Eröffnungskurse“ – eines Wettanbieters auf ein Ereignis ist somit stark subjektiv beeinflusst; obgleich hierbei auch objektivierbare Faktoren, wie beispielsweise offizielle Statistiken oder die momentan aktuellen Kurse anderer Wettanbieter oder am Totalisator des Veranstalters des bewetteten Ereignisses zu Rate gezogen werden.
Die Problematik der Eröffnungskurse stellt ein zentrales Thema im Rahmen der Tätigkeit der Wettanbieter zu festen Kursen dar; es gibt hier kein richtig oder falsch. Weichen die festgesetzten Kurse eines Wettanbieters aber sehr stark von den Erwartungen am gesamten Wettmarkt ab, so kann für ihn diese Fehleinschätzung auch ernstzunehmende wirtschaftliche Folgen haben:
In jedem Fall geht der Wettanbieter mit dem Angebot seiner jeweiligen Festkurse und der daraus für ihn resultierenden etwaigen Verpflichtungen den bei ihm Wettenden gegenüber verschiedene Auszahlungsrisiken ein.
Er geht wirtschaftlich also praktisch in Vorleistung, denn er bietet seine Festkurse am Wettmarkt ja zuerst an und ist darauf angewiesen, dass dieses Angebot von den Wettern auch angenommen wird und die Wetten auf verschiedene Ergebnisse platziert werden.
Werden nun bei einem solchen Wettanbieter verstärkt Wetten platziert und wird hierdurch die vorherige Einschätzung des Wettanbieters nicht in Form einer entsprechenden Verteilung der bei ihm platzierten Wetteinsätze auf die einzelnen Ergebnisvarianten widergespiegelt, so muss er auf die hierdurch für ihn entstandenen ungleichmäßig verteilten Auszahlungsrisiken reagieren.

Hierzu stehen ihm folgende Instrumente zur Verfügung:

  • Angleichung der zukünftigen Festkurse, d.h. Festsetzung neuer Gewinnquoten entsprechend der von der ursprünglichen Einschätzung abweichenden tatsächlichen Risikoverteilung für die zukünftigen Wetten: hierbei werden die Festkurse auf Ergebnisse, die relativ häufig gewettet wurden – also von den Wettern als eher wahrscheinlich angesehen wurden – tendenziell erniedrigt und die Festkurse auf Ergebnisse, die relativ selten gewettet wurden – demnach von den Wettern als eher unwahrscheinlich eingeschätzt wurden – tendenziell erhöht. Somit wird es für die Wettenden immer interessanter, bei dem Wettanbieter auch Wetten auf das als eigentlich nicht so wahrscheinlich angesehene Ergebnis zu platzieren und immer uninteressanter, auf das favorisierte Ergebnis zu setzen.
    Hierdurch werden demnach „Gegenwetten“ – also entgegen dem ursprünglichen Wettverhalten der Wetter – provoziert, um die Verhältnisse innerhalb des Wetteinsatzpools des Wettanbieters wieder in seinem Sinne zu „glätten“.
  • Auslagerung des Risikos durch Weitergabe des bereits von dem Wettanbieter auf ein bestimmtes Ergebnis überhöht angenommenen Wetteinsatzes an andere Wettanbieter – die ja ihrerseits über einen eigenen und in der Regel anders strukturierten Einsatzpool verfügen, in den die weitergegebenen Einsätze umgeschichtet werden: Der übernehmende Wettanbieter trägt nun anstelle des ursprünglichen Wettanbieters das volle Auszahlungsrisiko, streicht aber dafür auch die entsprechend vereinnahmten Wetteinsätze voll ein.
    Eine Abwandlung von diesem Grundprinzip ergibt sich, sofern die hinsichtlich dieser Wetteinsätze festgesetzten Kurse des übergebenden und des übernehmenden Wettanbieters differieren: Ist der von dem übergebenden Wettanbieter festgesetzte Kurs höher als der des übernehmenden Wettanbieters, so trägt der Übergebende immer noch ein Restrisiko für den Gewinnfall in Form der Differenz zwischen dem an die Wetter auszuschüttenden und dem vom übernehmenden Wettanbieter auszuschüttenden Betrag.
    Im umgekehrten Fall jedoch, d.h., falls sein Kurs niedriger als der des Übernehmenden ist, so erhält er im Gewinnfall die nun positive Differenz zwischen dem an die Wetter auszuschüttenden und dem vom übernehmenden Wettanbieter auszuschüttenden Betrag, d.h. er erzielt hier einen zusätzlichen Ertrag.

 

Es lässt sich unter Anderem aus den dargestellten Gründen und Wechselwirkungen am Wettmarkt in der Regel klar beobachten, dass die einzelnen Festkurse auf ein und dasselbe Ergebnis bei verschiedenen Wettanbietern auch wirklich voneinander mehr oder weniger abweichen.

Außerdem werden von Wettanbietern in der Praxis häufig präventiv so genannte „Limits“ festgesetzt, d.h. der einsetzbare Betrag auf ein bestimmtes Ergebnis zu dem angebotenen Kurs ist limitiert – damit der Wettanbieter grundsätzlich nicht so stark Gefahr läuft, sich hinsichtlich seiner Auszahlungsverpflichtungen finanziell zu übernehmen.

Hat der Wettanbieter beispielsweise vermehrt Wetten auf das letztlich richtige Ergebnis angenommen und konnte er dies nicht mit Hilfe oben aufgeführter Instrumente kompensieren, so dezimiert dies seinen Ertrag, möglicherweise sogar bis hin zu einem Verlustgeschäft, wenn seine Auszahlungsverpflichtungen hierbei die von ihm vereinnahmten Wetteinsätze übersteigen.
Andererseits kann sein Ertrag theoretisch auch bis zu 100% der von ihm angenommenen Wetteinsätze betragen – für den Fall, dass er ausschließlich Wetten auf letztlich falsche Ergebnisse angenommen hat und somit gar keine Wettgewinne auszuzahlen hat.

Der Ertrag eines Wettanbieters zu Festkursen ist also anders als beim Totalisatorsystem abhängig von dem Ergebnis des jeweiligen Ereignisses.
Ein anderer Unterschied zum Totalisatorsystem besteht demnach darin, dass der Ertrag des Wettanbieters zu Festkursen ebenfalls die Differenz aus den gesamten von ihm vereinnahmten Spieleinsätzen und dem letztendlichen Ausschüttungsbetrag ist – nur dass ein höherer Umsatz nicht automatisch auch einen höheren Ertrag für den Wettanbieter bedeutet.

In diesem Zusammenhang wird deswegen auch nicht wie im Falle des Totalisatorsystems eine feste Ausschüttungsrate als Grundlage für die Quotenberechnung bestimmt, sondern ein so genannter „Quotenschlüssel“ gewählt, der als Anhaltspunkt für die Berechnung der angebotenen Festkurse dient und sich wie folgt nachvollziehen lässt:

Q = Quotenschlüssel
A, B, C,… = Gewinnquote jew. Ergebnis

1/Q = 1/A + 1/B + 1/C

Ein Beispiel der Berechnung des von einem Wettanbieter gewählten Quotenschlüssels bei einer Wette mit vier möglichen Ergebnissen:

Mögliche Gewinnquote Kehrwert
Ergebnisse bei Ergebnis Gewinnquote
A 2,2 0,45
B 4,3 0,23
C 3,8 0,26
D 6,2 0,16
Summe: 1,11
Quotenschlüssel: 0,90

 

Der Quotenschlüssel x 100% beschreibt den durchschnittlichen Anteil der vereinnahmten Spielentgelte, der theoretisch wieder an die Wetter in Form von Gewinnen ausgeschüttet wird; was aber letztendlich von dem Wettanbieter wirklich im Rahmen eines Spiels wieder ausgeschüttet wird, kann mit Hilfe des Quotenschlüssels nicht im Vorfeld berechnet werden, denn es ist vom Wettverhalten seiner Kunden und dem tatsächlichen Ergebnis abhängig.

Die tatsächlich erzielte Marge eines Wettanbieters ist wie bei den Totalisatorunternehmen sein prozentualer Ertrag im Verhältnis zu den gesamten von ihm vereinnahmten Spieleinsätzen.

Y = Ertrag des Wettanbieters

∑ = Summe aller Spieleinsätze, d.h. Umsatz des Wettanbieters

M1 = tatsächlich erzielte Marge

Berechnung der tatsächlichen Marge beim Wettanbieter: M1 = Y / ∑

Man kann die theoretisch erwartete Marge eines Wettanbieters auf der Basis des von ihm verwendeten Quotenschlüssels berechnen:

M2 = erwartete Marge

M2 = 100% – (Q x 100%)

Jedoch besitzt die auf diese Weise errechnete „kalkulatorische“ Marge als betriebswirtschaftliche Kennzahl nur auf lange Sicht, d.h., über die Gesamtheit einer Vielzahl von einzelnen Spielen, eine gewissermaßen fundierte Aussagekraft, da sie lediglich den von dem Wettanbieter angestrebten Durchschnitt seiner Marge darstellt:
Die unternehmerische Qualität eines Wettanbieters, der langfristig am Wettmarkt bestehen will, ist im Grunde darin zu sehen, inwieweit es ihm gelingt, seine tatsächlich erzielte Marge (s.o.) in den Bereich der von ihm individuell festgesetzten theoretischen Marge zu bewegen, sein unternehmerisches Risiko auf lange Sicht zu minimieren und damit ein gleichförmiges, verlässliches Verhältnis aus Ertrag und Umsatz für sein Unternehmen zu schaffen.

Diese kalkulatorische Marge ist übrigens auch ein weiterer Grund für die Abweichung der von verschiedenen Wettanbietern auf ein und dasselbe Ereignis angebotenen Festkurse:
Weicht diese Marge und damit der Quotenschlüssel einzelner Wettanbieter voneinander ab, so werden auch trotz gleicher Erwartungshaltungen und möglicherweise verhältnismäßig gleichartig strukturiertem Wettpool von diesen Wettanbietern auch verschiedene Festkurse angeboten.


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